Solarstrom ist gar nicht teuer

Meine erste Solaranlage aus dem Jahre 1978 ist seit vielen Jahren abbezahlt. Seitdem produziert sie jeden Tag so gut wie umsonst Strom. Die einzigen Kosten verursacht die Sicherung des inzwischen in die Tage gekommenen Wechselrichters, die an besonders sonnigen Tagen manchmal ersetzt werden muss. Der Rohstoff – das Licht der Sonne – ist ja kostenlos und unbegrenzt vorhanden. Bei Windenergieanlagen verhält sich das genauso. Auch der Wind ist kostenlos. Jedes Kind versteht das. Glauben Sie den Unsinn vom teuren Ökostrom, der täglich in der Zeitung steht, nicht.

Ende der neunziger Jahre behaupteten einige „Fachleute“, es sei technisch gar nicht möglich, mehr als ein bis zwei Prozent unseres Strombedarfs durch Wind- und Sonnenenergie zu decken. Heute – nur rund fünfzehn Jahre später – produzieren wir bereits ein Viertel unseres Stromes aus erneuerbaren Quellen. Selbst die ehrgeizigsten Ausbauziele wurden stets übertroffen. Viele windreiche Flächen und sonnenbeschienene Dächer sind noch ungenutzt. Eine vollständige Versorgung scheint greifbar nahe. Der Solarstrom sorgt heute schon dafür, dass die „Mittagspitze“ im Börsenpreis verschwunden ist. Viele Hausbesitzer und Kommunen versorgen sich erfolgreich selbst mit Strom.

Die Welt schaut zurzeit auf Deutschland. Wir könnten die erste Industrienation sein, die sich bei der Stromerzeugung unabhängig von Kohle, Gas und Kernkraft macht. Andere Länder würden sich dem Beispiel anschließen. Kriege um die letzten Rohstoffe der Erde wären überflüssig. Paradies, Weltfrieden!

Doch heute sagen dieselben „Fachleute“, der Ausbau ginge zu schnell und müsse unbedingt „gebremst“ werden. Bei der Photovoltaik ist das 2012 bereits geschehen. Mit katastrophalen Folgen für die Branche: Fast alle deutschen Solarmodulhersteller sind insolvent, jetzt folgen die Installateure und Betreiber, zigtausende qualifizierte Arbeitsplätze sind verschwunden, der Zubau hat sich halbiert. Eine weitere Zukunftsbranche, in der Deutschland technologisch weltweit führend war, wurde freiwillig den Chinesen überlassen.

Um das zu verstehen, muss man wissen, dass der bisherige Ausbau der Erneuerbaren fast ausschließlich von Privatleuten, Bauern, Energiegenossenschaften, Stadtwerken und kleinen und mittleren Unternehmen realisiert und finanziert wurde. Die vier großen Energieversorgungsunternehmen haben lediglich rund fünf Prozent der Projekte aufgekauft.

 

In aufwändigen Image-Kampagnen versuchen sie nun, den Eindruck zu erwecken, bei den Erneuerbaren „voRWEg“ zu gehen. Das Gegenteil ist der Fall: Die Erneuerbaren mit ihren dezentralen Strukturen passen gar nicht in ihr Geschäftsmodell, große Offshore-Windparks und teure Leitungen quer durch die Republik schon eher. Aber mit Kohle- und abgeschriebenen Kernkraftwerken lässt sich viel mehr Geld verdienen. Deshalb schicken sie Ihre Lobbyisten nach Berlin und Brüssel, gründen Wirtschaftsforschungsinstitute, die Studien in Ihrem Sinne erzeugen und versorgen die Presse mit einseitigen Informationen, wie der Geschichte von der „unsozialen“ EEG-Umlage. Dass diese hauptsächlich genutzt wird, um die Ausnahmen für energieintensive Großunternehmen zu bezahlen, und dass sie paradoxerweise steigt, obwohl die Photovoltaik den Börsenpreis senkt, wird verschwiegen. Auch die Tatsache, dass Kohle und Kernkraft nach wie vor viel höhere Subventionen erhalten als die Erneuerbaren fällt unter den Tisch. Wenn sich unsere Regierung wirklich Sorgen um die Arbeitslosen machen würde, die ihre Stromrechnung nicht mehr bezahlen können, würde sie die Stromkonzerne dazu zwingen, die gesunkenen Börsenpreise an die Verbraucher weiter zu geben.

Wir Grüne setzen uns dafür ein, in Schenefeld die Erneuerbaren voran zu bringen. Im ersten Schritt wollen wir die Stromversorgung der städtischen Einrichtungen auf einen Ökostrom-Anbieter umstellen und mit unserem Projekt „Solarstadt Schenefeld“ die Bürger und Unternehmen dazu bringen, mehr Photovoltaikanlagen zu installieren.

Jochen Ziehmann