Aus Fehlern lernen!

Um weniges wurde in der Schenefelder Kommunalpolitik in den letzten Jahren emotionaler gestritten, als um die Neubebauung des Grundstücks Altonaer Chaussee 19. Auf den ersten Blick – unverständlich. Es lohnt ein zweiter Blick…

Das Gebiet südlich der Altonaer Chaussee zwischen der Landesgrenze, einschließlich des Schenefelder Platzes, schreit nach einer städtebaulichen Aufwertung. Mitten in dieses Gebiet mit seinem Altbestand hinein stellte im September 2016 eine sogenannte Investorin, die das Altgebäude mit Grundstück gekauft hatte, eine Bauvoranfrage für die Errichtung von zwei kompakten Mehrfamilienhäusern.

Wir Grünen vertraten die Position, dass zunächst ein Bebauungsplan für das Gebiet aufgestellt werden sollte, damit das Gesamtgebiet städtebaulich aufgewertet und dem Standort entsprechend höherwertig neu gebaut werden könne. Dieser Antrag der Grünen traf zunächst auf das Interesse der anderen Parteien, wurde dann aber nach einer tränenreichen Intervention der sogenannten Investorin gegen die Stimmen der Grünen anders entschieden: Die anderen Parteien stimmten geschlossen gegen die Erstellung eines Bebauungsplan und für die Einzelfallgenehmigung eines Bauantrags der sogenannten Investorin.

Nach der Genehmigung wurde das jetzt baureife Grundstück binnen Wochen von der zuvor mit Selbsttötung (!!!) drohenden Investorin mit einem hohen sechsstelligen Gewinn weiter veräußert. Dadurch wurden die Kosten für eine mögliche Bebauung ohne jeden Mehrwert deutlich verteuert. Das Ergebnis kann heute bewundert werden: Es entstanden zwei der hässlichsten Gebäude der jüngeren Stadtgeschichte. Gebäude mit der Anmutung eine Hochbunkers.

Holm Becker (CDU), der eigentliche Wortführer der Einzelfallgenehmigung hat zwischenzeitlich im Ausschuss persönlich vertreten, dass die Entscheidung im heutigen Lichte ein schwerer Fehler gewesen sei. Diesem offenen und ehrlichen Eingeständnis zollen wir hohen Respekt. Eine vergleichbare Stellungnahme der anderen Parteien liegt bisher nicht vor.

Was aber lernen wir aus dem Fall? Wie können wir in vergleichbaren Fällen besser und risikoärmer entscheiden?

Der eigentliche Fehler liegt im Umgang mit dem §34 BauGB begründet. Dieser motiviert Kommunen in Fällen geringerer städtebaulicher Bedeutung schlank und schnell zu entscheiden, zwingt aber die Kommunen auch, in Fällen hoher städtebaulicher Bedeutung stärker Verantwortung zu übernehmen. Da der §34 im Wesentlichen keine über das Maß der baulichen Nutzung hinausgehende Beeinflussung seitens der Kommune erlaubt, ist in solchen Fällen die Aufstellung eines Bebauungsplans zwingend.

Einzige Ausnahme von dieser Regel ist, dass die Stadt offensiv von ihrem Vorkaufsrecht gebraucht macht und in Fällen hoher städtebaulicher Relevanz, die Altgebäude mit den Grundstücken aufkauft. Dieses wäre auch wirtschaftlich für die Stadt vernünftig. Mit diesem Instrument wäre die Stadt in der Lage, der krassen Bodenspekulation, wie wir sie derzeit erleben, den Boden ein gutes Stück weit zu entziehen. Das wäre schlecht für die Pseudoinvestoren, die nur spekulieren wollen, aber gut für die Stadt, alle Bewohner, die keine Spitzenmieten zahlen können und auch für die tatsächlichen Investoren, jene also, die tatsächlich bauen.

Ein Antrag genau so zu verfahren, wird der Erste sein, den die Grünen nach der Kommunalwahl in den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt einbringen werden.

Mit diesem Antrag, vorhabenbezogene B-Pläne aufzustellen, werden wir die Bodenspekulation mindern, die städtebauliche Verbesserung Schenefelds stärken und der Miet- und Immobilienpreis Explosion entgegen wirken. Er wird so den vor einem Jahr seitens der Grünen gestellten Antrag ergänzen, den stadteigenen Wohnungsbestand an eine gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft zu veräußern. Beide Anträge werden im Sinne von „bezahlbarem“ Wohnungsbau kostendämpfend wirken.

Mathias Schmitz